< Hiob 9

Listen to this chapter • 3 min
[1] Da gab ihm Hiob zur Antwort:
[2] "Gewiss, ich weiß, dass es so ist! Wie könnte ein Mensch im Recht sein vor Gott?
[3] Hätte er Lust, sich mit ihm zu streiten, könnte er ihm auf tausend nicht eines erwidern.
[4] Er hat ein weises Herz und große Kraft. Wer trotzte ihm und bliebe unversehrt?
[5] Er ist es, der plötzlich Berge versetzt, der sie umstürzt in seinem Zorn.
[6] Die Erde schüttelt er von ihrem Ort auf, sodass ihre Säulen erzittern.
[7] Er spricht zur Sonne, dann strahlt sie nicht auf, er kann sogar die Sterne versiegeln.
[8] Er allein, er spannt den Himmel aus, schreitet auf den Wogen des Meeres.
[9] Er hat den großen Bären gemacht, den Orion und das Siebengestirn und alle Sterne des Südens.
[10] Er schafft Gewaltiges, das nicht erforscht werden kann, tut Wunder, die nicht mehr zu zählen sind."
[11] "Geht er an mir vorbei, ich sehe ihn nicht, zieht er vorüber, ich bemerke ihn nicht.
[12] Reißt er weg, wer hält ihn zurück? Wer darf ihm sagen: 'Was machst du da?'
[13] Gott hält seinen Zorn nicht zurück, unter ihm haben sich Rahabs Helfer geduckt.
[14] Wie könnte ich ihm Rede und Antwort stehen, wie die richtigen Worte wählen vor ihm?
[15] Und wäre ich im Recht, ich könnte ihm nichts entgegnen. Anflehen müsste ich ihn, der mein Richter ist.
[16] Würde ich ihn rufen, und er gäbe mir Antwort, ich könnte nicht glauben, dass er auf mich hört!
[17] Er, der mich im Sturm zermalmt, meine Wunden grundlos vermehrt.
[18] Er erlaubt mir nicht, Atem zu schöpfen, sondern füllt mich mit bitterem Leid.
[19] Fragst du nach Stärke: Schau da! Und nach Recht: Wer lädt mich denn vor?
[20] Wäre ich auch im Recht, mein Mund würde mich verdammen; wäre ich vollkommen, er beugte mich doch.
[21] Ich bin schuldlos! Ich kenne mich selbst nicht mehr, und ich verachte mein Leben.
[22] Es ist alles einerlei. Darum sage ich: 'Er bringt den Schuldlosen genauso wie den Schuldigen um!
[23] Wenn die Geißel plötzlich tötet, verhöhnt er die Verzweiflung Unschuldiger.
[24] Er hat die Erde einem Schurken gegeben und alle Richter blind gemacht. Wenn nicht er es gewesen ist, wer dann?'"
[25] "Schneller als Läufer jagen meine Tage davon, sie fliehen und sehen kein Glück.
[26] Wie Schilfrohrboote gleiten sie vorbei, wie der Sturz eines Adlers auf seine Beute.
[27] Wenn ich denke: 'Ich will meine Klage vergessen, ich blicke heiter, mach ein anderes Gesicht',
[28] dann graut mir vor meinen Schmerzen. Ich weiß, du sprichst mich nicht frei.
[29] Ich soll eben schuldig sein. Was mühe ich mich umsonst?
[30] Würde ich mich mit Schneewasser waschen, meine Hände mit Lauge säubern,
[31] dann würdest du mich in die Grube tauchen, dass selbst meine Gewänder sich ekeln vor mir.
[32] Denn er ist nicht ein Mensch wie ich, dass ich ihm antworten könnte und wir gingen miteinander vor Gericht.
[33] Kein Schlichter vermittelt zwischen uns und legt seine Hand auf uns beide.
[34] Er nehme seine Rute von mir weg, sein Schrecken soll mich nicht mehr ängstigen.
[35] Dann kann ich reden und muss ihn nicht fürchten, dann hätte ich dazu keinen Grund."