< Hiob 6

Listen to this chapter • 2 min
[1] Da erwiderte Hiob:
[2] "Würde doch mein Kummer gewogen und mein Unglück dazu auf die Waage gelegt!
[3] Ja, es ist schwerer als der Sand aller Meere. Darum waren meine Worte unbedacht.
[4] Denn die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir, mein Geist hat ihr Gift getrunken, die Schrecken Gottes greifen mich an.
[5] Schreit ein Wildesel denn über dem Gras, brüllt ein Stier denn, wenn er Futter hat?
[6] Isst man Fades ohne Salz, ist im Eiweiß denn Geschmack?
[7] Ich sträube mich, daran zu rühren, es ist mir wie verdorbenes Brot."
[8] "Käme doch, was ich begehre, dass Gott mein Verlangen erfüllt,
[9] dass Gott sich entschließt, mich zu töten, seine Hand enthemmt und mich ums Leben bringt.
[10] So könnte ich mich noch trösten und jubeln in der grausamen Qual, denn die Worte des Heiligen habe ich nie überhört.
[11] Welche Kraft hätte ich, noch zu hoffen, was ist das Ziel, für das ich durchhalten soll?
[12] Ist meine Kraft denn Felsenkraft, ist mein Körper aus Eisen?
[13] In mir ist keine Hilfe mehr, und was ich kann, ist dahin."
[14] "Wer seinem Freund den Beistand versagt, fürchtet den Allmächtigen nicht mehr.
[15] Meine Brüder enttäuschen wie ein Wildbach, wie Wasserläufe, die versickern,
[16] die trübe sind vom geschmolzenen Eis, mit Schneewasser gefüllt.
[17] In der Sommerglut sind sie verschwunden, wenn es heiß wird, versiegen sie.
[18] Karawanen biegen ab von ihrem Weg, folgen ihnen hinauf in die Öde – und verschwinden.
[19] Die Karawanen von Tema hielten Ausschau nach ihnen, die Handelszüge Sabas hofften auf sie.
[20] Sie wurden beschämt, weil sie vertrauten, sie kamen hin und wurden enttäuscht.
[21] So seid ihr für mich geworden. Ihr seht den Jammer und schreckt zurück.
[22] Habe ich denn gesagt: 'Bringt her von eurem Besitz, kommt, macht mir ein Geschenk,
[23] befreit mich aus der Hand des Bedrängers, zahlt den Erpressern das Lösegeld!'?
[24] Belehrt mich, dann werde ich schweigen, zeigt mir, wo ich mich irrte!
[25] Wie kränkend sind 'richtige Sprüche', was tadelt euer Tadel denn?
[26] Wollt ihr etwa Worte tadeln? Redet der Verzweifelte in den Wind?
[27] Selbst um ein Waisenkind würdet ihr losen, und euren Freund verschachert ihr.
[28] Und jetzt entschließt euch, schaut mich an! Ich lüge euch doch nicht ins Gesicht.
[29] Kehrt um, damit kein Unrecht geschieht, kehrt um, noch bin ich im Recht!
[30] Ist denn Unrecht auf meiner Zunge? Schmeckt mein Gaumen das Böse nicht mehr?"