< Hiob 10

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[1] "Mein Leben ekelt mich an, ich lasse meiner Klage freien Lauf, will reden, so bitter wie ich bin.
[2] Ich sagte zu Gott: 'Verdamm mich doch nicht! Lass mich wissen, warum du gegen mich kämpfst!
[3] Gefällt es dir, dass du unterdrückst, das Werk deiner Hände verwirfst und den Rat von Gottlosen leuchten lässt?
[4] Hast du Augen wie ein Mensch, siehst du so wie ein Mensch?
[5] Sind deine Tage wie beim Menschen begrenzt, deine Jahre wie die eines Mannes?
[6] Du suchst nach meiner Schuld und forschst nach meiner Sünde,
[7] obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin und keiner mich aus deiner Hand reißt.
[8] Deine Hände haben mich gestaltet und gemacht, ganz und gar – und nun verschlingst du mich.
[9] Bedenke doch: Wie Ton hast du mich gestaltet, und jetzt führst du mich zum Staub zurück?
[10] Hast du mich nicht verschüttet wie Milch, wie Käse mich gerinnen lassen?
[11] Haut und Fleisch hast du mir angezogen, mich mit Knochen und Sehnen durchflochten.
[12] Leben und Gnade hast du mir geschenkt, in deiner Obhut war mein Geist.
[13] Doch dieses hast du verborgen in dir, ich weiß, so hattest du es beschlossen.
[14] Wenn ich sündigte, würdest du mich belauern, sprächst mich von meinem Fehler nicht frei.
[15] Wenn ich schuldig würde, wehe mir! Und wäre ich im Recht, dürfte ich den Kopf nicht heben, gesättigt mit Schande, mit Elend getränkt.
[16] Sollte ich es dennoch tun, jagst du mich wie ein Löwe, gehst wieder unbegreiflich mit mir um,
[17] stellst immer neue Zeugen gegen mich auf, findest Gründe, mir noch mehr zu grollen. Immer neue Heere führst du gegen mich.'"
[18] "Warum ließest du mich aus dem Mutterschoß kommen? Wenn ich doch gestorben wäre, bevor ein Auge mich sah!
[19] Ich wäre dann, als sei ich nie gewesen, vom Mutterleib ins Grab gebracht.
[20] Mein Leben dauert doch nur wenige Tage. Er höre auf und lasse von mir, dass ich ein wenig aufblicken kann,
[21] bevor ich ohne Rückkehr gehe ins Land des Dunkels und der Finsternis,
[22] ins Land so düster wie die schwarze Nacht, ins Schattenland, wo keine Ordnung ist, wo heller Tag ist wie die finstere Nacht."